Tagebuch von Griselda

Zurück in Grunwasser von meinem ersten Konvent (Jenseits der Siegel 2016) schwirrt mir noch immer der Kopf von all dem Erlebten. So viele neue Eindrücke, so viele neue Informationen über ein Land und ein Siegel, welches mir noch immer fremd ist. Und dennoch immer mehr ans Herz wächst.

Im letzten Jahr vor dem zweiten Feldzug in die Spiegelwelt, habe ich das erste Mal einen Fuß nach Mythodea gesetzt und sofort war eine Verbundenheit da, die ich zuvor noch nie auf meinen Reisen gespürt habe. Am stärksten war diese Verbundenheit im Südlichen Siegel zu spüren. Darma und Larsson waren schon zuvor in diesem Land gewesen und hatten einiges darüber berichtet. Doch niemals hätte ich so etwas erwartet. Gemeinsam mit Shalima bereisten wir einige Zeit den Süden Mythodeas bevor sie sich mit anderen Kriegern und Kämpfern aber auch Heilern und Tross traf um aufzubrechen in den Feldzug gegen die Verfemten. In dieser Zeit erzählte sie uns viel über das Land, die Elemente aber auch über den Krieg, den sie seit Jahren gegen die Verfemten zu führen hatten. Sie erzählte von den Siedlern, von der Seele des Landes und von dem großen Spiel. Viele Namen und Bezeichnungen, die uns vollkommen fremd waren schwirrten im Kopf, doch nach und nach ergab alles ein Bild. In dieser Zeit des Reisens vergaß man oft, dass Shalima das Hochamt für Diplomatie im Südlichen Siegel inne hat. Sie erzählte und beschrieb uns vieles als seien wir nicht nur einfache Reisende. Reisende die oftmals von der Hand in den Mund lebten. Reisende, die wenn sie etwas mehr durch Arbeit verdient hatten als sie selbst zum Leben auf der Straße brauchten, an die dachten denen es noch schlechter geht. Erst später verstand ich, dass das eben ihre Art ist. Das es sie nicht interessiert welchen Stand jemand hat, sondern das sie jeden einzelnen in dem was er tut respektiert.

Darma als Schmied, Larsson als Trommler, Lewin als Sargbauer und Selina die Wissensdurstige entschieden sich dafür Shalima auf dem Kriegszug zu begleiten als Dank für die gemeinsame Zeit. Ich selbst brauchte ein wenig um eine Entscheidung zu treffen. Bisalng war ich es oft, die am Feuer stand und kochte für unseren zusammengewürfelten Haufen. Doch reichte das um auf einen Kriegszug in feindliches Gebiet mit zu gehen? Zumal ich zwar den Umgang mit den Kochmessern behersche aber nicht wirklich in der Lage bin mich alleine zu verteidigen. Der Umgang mit Waffen interessierte mich bisher wenig und genau das bereitete mir Sorgen. Erst als Shalima mir erzählte, dass unser Zelt etwa in der Mitte des großen Lagers stehen würde und Sieg oder Niederlage auch von der Verpflegung abhängig sein können, stand meine Entscheidung fest. Ich begleitete den Feldzug um mich im Lager um das leibliche Wohl derer zu kümmern, die mit Shalima zusammen reisten. Nun den einen oder anderen musste ich während des Feldzuges fast dazu zwingen, solange im Lager zu bleiben, bis die Schale mit etwas Suppe oder ein Brot aufgegessen war. Marius erwischte ich ein paar Mal, wie er wieder weiter wollte ohne etwas vernünftiges gegessen oder ausreichend getrunken zu haben. Ich durfte Shalima begleiten auf dem ein oder anderen relativ sicheren Weg zwischen den einzelnen Lagerbereichen, denn obwohl es ein gemeinsamer Feldzug aller Siegel Mythodeas war, gab es die ein oder andere kleine Zwistigkeit zwischen den Siegeln zu regeln.
Erst während dem Feldzug haben wir erfahren, dass die Seele eines jeden von uns in der Spiegelwelt nicht geschützt ist. Wäre einer von uns gestorben, so wäre unsere Seele dem Feind zugute gekommen und hätte ihn gestärkt. Von Shalima haben wir erfahren, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt dies zu verhindern. Der eiserne Eid und die Erschaffung eines Seelensteines. Für keinen von unserer Gruppe kam der eiserne Eid in Frage und bezüglich des Seelensteines hatten wir Bedenken. Denn sollten wir sterben und niemand den Stein bergen können um ihn mit zurück nach Mythodea zu nehmen, dann würde unsere Seele im Stein verbleiben, bis diesen jemand zerschlägt. Im schlimmsten Fall durch den Feind in der Spiegelwelt und dann wäre alle Mühe vergebens. Erst während des Feldzuges ergab sich eine weitere Möglichkeit die Seele zu schützen. Shalima und zwei weitere opferten ihren Seelenstein. Dieser wurde durch das Elementarvolk Terras – die Naresh Tuloch zerstoßen und mit Tinte vermengt, dieses Gemisch wurde einem der Naresh Tuloch in bestimmten Mustern eintattoowiert. Er selbst ist das Seelenheim und ich als auch Larsson entschieden uns die Verbindung mit diesem Seelenheim einzugehen um unsere Seele zu schützen. Diese Verbindung wurde geschaffen durch eine Meditation und eine Erinnerung, die geteilt wird mit dem Seelenheim. Bei mir war es eine Erinnerung an eines der letzten Gespräche mit meiner Oma bevor ich die Sippe verlassen habe. Noch heute höre ich ihre Worte „Du wirst und musst gehen, um Deinen eigenen Weg zu finden!“ Bei Larsson waren es Bruchstücke aus seiner Vergangenheit an die er sich seit langem nicht mehr erinnert. Bruchstücke die ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt zu haben scheinen und bis heute erzählt er nur selten etwas darüber.
Am letzten Tag des Feldzuges geschah einiges, was mich für immer verändert hat. So viele schwer Verletzte, so viel Leid, so viel Verzweiflung und so wenig, was ich dagegen tun konnte. Selbst Konstantin unser Arzt kam kaum hinterher und wurde einige Male selbst schwer verwundet. Rin, ein Kämpfer der Liosalfar die direkt neben uns lagerten, erblindete unwiderruflich. Zum einen weil der Feind ihm die Augen zerquetscht hat aber auch weil ein Heiler diese magisch verschloss ohne vorher eine Säuberung der Wunde vorgenommen zu haben. Gibt es tatsächlich Siedler die glauben man könnte mit dem Feind verhandeln? Gibt es tatsächlich Überlegungen sich zu verbünden mit einem Teil des Feindes um den anderen Teil schneller zu besiegen? Stärkt man dadurch nicht eben diesen Teil? Ich bin in der Kriegskunst nicht bewandert, doch nach all dem was ich gesehen habe verstehe ich KEINEN der glaubt man könne mit den Verfemten verhandeln!
Kurz vor der Abreise stand fest, dass Rin, Konstantin, Darma, Larsson und ich gemeinsam mit Shalima nach Grunwasser reisen würden um dort über das Erlebte zu reden und etwas zur Ruhe zu kommen. Einen Teil des Weges innerhalb von Mythodea reisten wir noch gemeinsam mit Marius der nach Speer heimkehrte. Lewin und Selina reisten zurück in die Mittellande, vielleicht war das Erlebte zu heftig, das Leid zu extrem gewesen für sie. Vor allem Selina vermisse ich oftmals, war sie es doch die mir nahe gelegt hat endlich das Lesen und Schreiben zu lernen.

Wir verbrachten einige Zeit in Grunwasser, eine Siedlung die Shalima aufgebaut hatte mit einigen Siedlern und mit Hilfe eine Baumeisters der ihr von Baron Adam von Winterfeldt gestellt wurde. Eine Idee, die während des Feldzuges entstanden war, nahm mehr und mehr Gestalt an. Gemeinsam wollten wir in Grunwasser ein Lazarett und eine Veteranenstation aufbauen. Ein Ort an dem sich eben jene Kämpfer erholen und einen Weg zurück ins Leben finden können, die während des Krieges Schaden an Körper und Seele genommen haben. Oft saßen wir in gemütlicher Runde zusammen und beratschlagten, wie wir den Aufbau der Stadt und eben jenes Projekt umsetzen können. Zunächst würde wohl der Bau des Grundgebäudes vom Lazarett und der Aufbau einer Taverne gestartet werden. Das Lazarett wurde so geplant, dass an dem Grundgebäude weitere Räume angebaut werden können, so dass das Grundgebäude der spätere Operationssaal sein würde. Die Taverne sollte zum einen zur Verpflegung der Patienten dienen aber auch Unterkunft für Familien-Mitglieder und Gäste der Stadt dienen. Der Winter nahte und damit auch das Wintertreffen des südlichen Siegels. Während des Wintertreffens wurden erste Verhandlungen für Lieferung von Bauholz und anderen wichtigen Baumaterialien geführt. Shalima überraschte uns jedoch alle, als sie offen darüber sprach Larsson zum Vogt von Grunwasser, Darma zum obersten Schmied von Grunwasser und mich selbst zur Kämmerin von Grunwasser zu machen. Jeder von uns hatte Bedenken und dennoch war die Entscheidung Bürger Grunwassers in der dritten Provinz des südlichen Siegels zu werden schon längst gefallen. Nach einigen Verhandlungen über Rechte, Pflichten, Bezahlung und Bauvorhaben wurden kurze Zeit nach dem Wintertreffen unsere Urkunden aufgesetzt und uns überreicht. Zu diesem Zeitpunkt übergab mir Shalima auch das Stadtbuch von Grunwasser so das ich dieses nun für sie führe um die Entwicklung der Stadt schriftlich festzuhalten.

Der Winter ging ins Land und das Grundgerüst für das Lazarett nahm nach und nach Form und Gestalt an. Weitere Bauern wurden unterrichtet im Umgang mit ihren Arbeitsgeräten um diese als Waffen zu nutzen, sollte es zu Angriffen kommen. Immer wieder hörten wir von Rissen, durch die Verfemte ins Land kamen und ganze Städte nieder brannten. Der Baumeister des Barons Adam von Winterfeldt hatte sich zwei Arbeiter ausgewählt, die Potential haben um selbst diesen Posten auszuüben und unterrichtete sie. Konstantin und Grunwassers Hebamme hatten einige Frauen und Männer erwählt um ihnen die Grundlagen der Erstversorgung und Pflege von Kranken beizubringen. Darma fand zwei junge Männer, die Interesse an der Schmiedekunst hatten. Larsson entwickelte eine Idee um weitere Siedler im Kampf zu unterweisen. Und ich führte eine Zählung aller Siedler Grunwassers durch in der ich auch erfasste, welchen Gewerken und Tätigkeiten sie nachgingen. Des weiteren bereitete ich die ein oder andere Reise von Shalima vor. Nicht auf jeder konnte ich sie begleiten, doch gab es in Grunwasser genug zu tun um die Tage zu füllen. Rin zog sich in dieser Zeit ein wenig zurück, musste er doch lernen mit seiner Blindheit zurecht zu kommen. Oftmals plagten ihn wohl Erinnerungen an den Feldzug, doch wollten wir ihm die Zeit geben, die er braucht.

Zum Konvent reisten Shalima, Darma, Larsson, Konstantin und ich gemeinsam. Unterkunft bezogen wir in einer Hütte nahe des Stadtplatzes von Holzbrück. Shalima war für die Zeit des Konvents als zusätzliche Reporterin für den Freien Boten tätig. Ich hatte angeboten für die Reporter des Freien Boten und der Bild der Stadt auf frühen Abend zu kochen. So konnten diese sich auf alle wichtigen Ereignisse und das Schreiben der Artikel konzentrieren. Und dennoch hatte ich genug Zeit um vieles neues zu erlernen, vieles zu erleben und neue Kontakte zu knüpfen.
Am intensivsten waren all die Eindrücke rund um Shanna, die als eine von zweien unsere Nyame des Südens angezweifelt hat. Konstantin und Lares haben sie während der Tage auf dem Konvent die ganze Zeit begleitet und auch Shalima, Larsson, Darma und ich haben sie immer wieder unterstützt. Shanna habe ich auf dem Feldzug in der Spiegelwelt das erste Mal als Hochamt für das Handwerk und als Zuckerbäckerin kennen gelernt und war damals schon von dieser positiven Ausstrahlung begeistert. Auf dem Wintertreffen haben wir uns wieder gesehen und nun also beim Konvent. Diese tiefe Verbundenheit zum Süden und ihre Art in einfachen Worten komplexe Dinge zu erklären haben mich an ihrer Seite stehen lassen. Was mich immer noch tief beeindruckt ist ihre Standhaftigkeit und ihre Kraft ihren eigenen Weg zu gehen. Es ging ihr nicht darum, um jeden Preis erfolgreich zu sein bei diesem Weg. Es ging ihr darum den Süden zu stärken und sei es dadurch, dass sie offen Missstände ausspricht. Niemand konnte sie davon überzeugen „dreckige Wäsche zu waschen“ und das in dem Wissen, dass die Anzweiflung der Nyame vor den Elementen damit schief gehen könnte. Ihre Worte waren sinngemäß: „Wenn meine Zweifel an der Nyame vor den Elementen nicht ausreicht, dann ist es eben so. Wichtig ist nur, dass der Süden eine starke Nyame hat. Wenn der Weg der Anzweiflung dazu führt, dass unsere Nyame an Stärke und Rückhalt gewinnt, dann ist ein Ziel erreicht!“ Schlussendlich hat es nicht gereicht. Unter anderem weil die Prüfung von Aeris geliebtem Kind Leomir in der 3 Krieger jeder Seite gegeneinander kämpfen sollten nicht statt gefunden hat. Es gab Siedler die bereit gewesen wären für den Kampf, doch hat Shanna sich dagegen ausgesprochen und auch die Worte von Kjeldor hatten schlussendlich dazu geführt, dass es keinen Kampf gab. Aber genau diese Prüfung hat dazu geführt, dass der Süden wieder aufeinander zugeht, dass eine Kluft die schon einige Zeit bestand und in den Tagen davor tiefer geworden ist mit einem gegenseitigen Schritt aufeinander zu überwunden wird.
Abgesehen davon habe ich mit einem sehr einfachen Rezept an einem Kochwettbewerb vom Reich der Rosen für ein Nationalgericht teilgenommen. Im Lauf der Tage hat sich der Name GriesElda durchgesetzt. Ich wollte ein Gericht präsentieren, was sowohl vom einfachen Volk als auch durch den Adelstand verzehrt werden kann. Mit einfachen Zutaten aber der Möglichkeit zu verfeinern mit ausgesuchten und exotischen Gewürzen und Früchten. Ein Gericht was sättigt, was schnell zubereitet ist und sowohl warm als auch kalt genossen werden kann. Leider habe ich keinen der schlussendlich 3 Preise dafür erlangt, doch hat es sowohl den Reportern der Zeitung als auch vielen Freunden sehr gut geschmeckt.
Bei einer Verkündung vor einem Großteil der anwesenden Siedler wurde zum Feldzug gegen Terra Ankor gerufen, welcher in einem Mond stattfinden soll. Dort sollen sich die Archon-Anwärter des Südens und dem des Nordens beweisen. Noch während dem Aufruf wurde ein weiterer Anwärter für das Archonat des Nordens präsentiert. Ein alter Herrscher, der seinerzeit für die Ausrottung von 3 Völkern verantwortlich gemacht werden kann. Einer der vom Blut seiner Feinde lebt. Leomir selbst hat ihn gerufen. Ich weiß noch immer nicht richtig, was ich davon halten soll, doch habe ich ein sehr ungutes Gefühl bei alledem. Vielleicht auch weil Leomir als geliebtes Kind Aeris dafür verantwortlich ist. Ich würde es nicht direkt Abneigung nennen, doch fühle ich mich in seiner Gegenwart nicht wohl.
Am Abend vor unserer Abreise habe ich seit vielen Jahren das erste Mal wieder im Schein eines kleinen Feuers und zum Klang von Trommeln getanzt. Lange ist es her und fast hatte ich vergessen, wie es sich anfühlt die Beine nicht mehr still halten zu können. Eine Melodie war kurzzeitig präsent in meinem Inneren und noch immer versuche ich sie vor mich hinzusummen. Ich kann sie nicht richtig greifen und weiß nicht woher ich sie kenne, doch ich bin mir sicher der Zeitpunkt wird kommen. Ich habe in dieser Nacht vor der Abreise von Moirra geträumt. Auch sie hat Shanna unterstützt und ihr geholfen ihr Rückhalt gegeben. Leider konnte ich am nächsten Morgen nicht mehr mit ihr darüber reden, da wir sehr früh von Holzbrück abreisen mussten. Ich hoffe es ergibt sich bald eine Gelegenheit, denn sie hatte im Traum versucht mir etwas mitzuteilen, doch kann ich mich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern. Ich weiß nur, dass kurz vor dem Aufwachen diese eigenartige Melodie für einen kurzen Moment ebenfalls zu hören war.

Zurück in Grunwasser von meinem ersten Konvent … so vieles erlebt … so vieles was es zu bedenken gilt … gleichzeitig sovieles was vorbereitet werden muss … und dennoch: hier bin ich daheim, hier fühle ich mich wohl, hier fühle ich mich verbunden mit dem Land und den Siedlern

Aza

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